Fiktive Geschichte: Abnahme einer 737-800 NG in Seattle

  • Moin zusammen! Ich hatte mal vor einiger Zeit ein paar Bilder von KRNT eingestellt und ein bisschen dazu geschrieben. Ich dachte mir diese Geschichte ein bisschen weiter zu „spinnen“ und diese mit technischen Hintergrundinformationen auszukleiden. Das ganze im Rahmen einer Abnahme eines neuen Flugzeugs im Werk, wie sie so ,oder ähnlich dort jeden Tag stattfindet. Fiktiv , aber doch sehr nah dran. Es hilft vielleicht, den einen oder anderen, ein wie und warum eines Flugzeugs zu verstehen. Da in KRNT die B737 entsteht, nutze ich dafür die B737-800NG von PMDG, da sie mir am geeignetsten erscheint. Jeder, der möchte, kann ja mit „seiner“ 737 von seiner Lieblingsschmiede versuchen, dass eine oder andere nachzufliegen.

    Da hier auch einiges an technischem Hintergrundwissen einfließen soll, stelle ich das ganze unter Technik ein, damit auch die ganze Geschichte nicht zu zerrissen dasteht.


    Schon mal ein Bild zum Einstimmen. Hier steht „unsere“ 737 auf dem Abstellplatz in KRNT und wird gerade vorberietet für den kurzen Hüpfer nach KBFI.


    10.jpg


    Gruß der Schrauber

    • Offizieller Beitrag

    Prima, danke für die Idee!

    Viele Grüße

    Gunter


    3.0viking01.gif


    ASUS ROG Strix B550, 32 GB DDR4-3000 Corsair Vengeance, AMD Ryzen 9 5900x, RTX 3080, 10 GB, Thrustmaster Hotas Warthog Stick, Honecomb Bravo, Crosswind Rudder Pedals

    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)

  • Nachdem alles vorbereitet war, erfolgte das Anlassen der Triebwerke. Da diese konserviert waren entsendete es „Rauchzeichen“ beim Zünden, also beim Hochziehen der cut off lever. Kleine Info dazu: Verdichter und Turbinenbauteile sind mit einem speziellen Ölfilm überzogen, um Korrosion zu verhindern.


    11.jpg

    Fertig mit dem setup, wozu auch das Setzen der Klappen auf 5 Grad gehörte wurde die Maschine auf der 34 in KRNT ausgerichtet. Auf dem Bild kann man gut erkennen, wie kurz die Bahn doch ist, aber kein Problem für die 737. Zu Zeiten der 727, welche hier auch gebaut wurde, sah das ganz anders aus.


    12.jpg


    Die Bremsen gesetzt und Triebwerke auf 40% N1 beschleunigt. Dabei wird überprüft das beide Triebwerke gleichmäßig beschleunigen.


    13.jpg


    Brakes off und die A/T Knöpfe gedrückt. Die 737 beschleunigte schnell und kurz danach war die errechnete VR von 110 Kts / IAS erreicht. Leichtes ziehen am Stick und sie erhob sich zum ersten Mal in ihr Element.


    14.jpg


    15.jpg


    Es ging auf 5000 feet und über Paine Field Everett, hier werden die großen Flieger von Boeing gebaut, wurde eingedreht in Richtung KBFI zur 14.


    16.jpg


    17.jpg



  • Sinken auf 3000 dort ausrichten auf das ILS. Gear down. Da zu diesem Zeitpunkt mal recht schönes Wetter herrschte, ist die Skyline von Seattle sehr gut zu erkennen.


    18.jpg


    Der Anflug selbst erfolgte manuell, unter Verwendung der Anzeige des F/D.



    19.jpg



    20.jpg


    21.jpg


    23.jpg


    Ausrollen auf der 14 von KBFI


    24.jpg


    Nachdem verlassen der Bahn ging es zu der vorgesehenen Abstellposition, welches für die nächste Zeit, bis zur endgültigen Übergabe an den Betreiber, der Parkplatz bleiben würde. Davor liegen aber noch einige Arbeiten, Flüge und Einrüstungen an. Die Story hat ja erst begonnen.


    25.jpg


    26.jpg


    27.jpg


    Viele Grüße der Schrauber

    • Offizieller Beitrag

    Sehr schön und informativ, ich freue mich auf die Fortsetzung!

    Viele Grüße

    Gunter


    3.0viking01.gif


    ASUS ROG Strix B550, 32 GB DDR4-3000 Corsair Vengeance, AMD Ryzen 9 5900x, RTX 3080, 10 GB, Thrustmaster Hotas Warthog Stick, Honecomb Bravo, Crosswind Rudder Pedals

    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)

  • MeToo. Gegend ist mir gut bekannt. In FSX machte man da seine Flugstunden für die Flusi-Lizenzen.

    Mein Lieblingsanflug war diese Jeppesen

  • Ein paar Infos zu KBFI: Dieser Flughafen wurde 1928 in Betrieb genommen. Er war bis zur Inbetriebnahme von KSEA der Hauptflughafen von Seattle. Boeing baute hier die B737, bis diese nach Renton verlegt wurden, in den 60er Jahren. Heute nutzt Boeing diesen Platz für Test- und Abnahmeflüge. Auch wird hier ein Teil der Lackierungen durchgeführt. Des Weiteren werden Werks neue Maschinen, in der Regel B737, an den Kunden übergeben.
    Auf dem Gelände befindet sich auch das Museum of Flight. http://www.museumofflight.org/ Des weiteren Unterrichtsräume und Simulatoren für Piloten und Techniker. Ich selbst habe hier auch meine Lizenzen erworben.


    So nun aber zu „unserer“ 737-800NG. Bevor der Flieger ausgeliefert werden können, erfolgen einige Testflüge. Jetzt werden sich einige Fragen: warum Testflüge, ist doch ein neuer Flieger? Na, ja es liegt daran, dass vieles am Boden getestet werden kann, aber nicht alles. Gerade was bestimmte Warnsysteme und Flugverhalten betreffen. Hier spielt, unter anderem eine große Rolle, dass die 737 noch ein Flugzeug ist, welches manuell, nur über Steuerseile, gesteuert werden kann. Sprich die Flight Controls werden ohne Unterstützung der Hydraulik direkt betätigt. Na, ja fast alle, es gibt da zwei Ausnahmen, aber dazu später mehr.


    Dieses ganze Procedere wird von Piloten des Herstellers durchgeführt. Viele Kunden aber schicken einige Zeit vor der Auslieferung, eigenes Personal (Piloten sowie Techniker) nach KBFI. Diese begleiten „ihr“ Flugzeug und zum Schluss, wird ein oder mehrere Abnahmeflüge durchgeführt, je nachdem. Dabei wird der Flieger von einem Werkspiloten und einem Piloten des Kunden gesteuert sowie von Technikern begleitet. Der Kunde kann hier seine Wünsche äußern, was er im Rahmen der Abnahmeflüge sehen möchte. Das alles wird genausten protokolliert, denn der leitende Techniker vor Ort ist verantwortlich gegenüber der zuständigen Zulassungsbehörde. Für Deutschland wäre das LBA diese Behörde.


    Wir, sprich drei Techniker und zwei Piloten sind nach Seattle geflogen, um hier „unseren“ neuen Flieger abzunehmen und dann mit ihm zu seinem neuen Nutzer zu fliegen. Aber bevor es so weit ist, gibt es noch einiges zu tun.


    Am Morgen nach unserem Ankunftstag begeben wir uns zum KBFI. Werden dort von einem Mitarbeiter begrüßt, welcher für uns zuständig ist, bis wir mit der neuen Maschine KBFI Richtung Heimat verlassen.


    Zu finden ist „unsere“ 737 auf der Position C15, wohin sie vor ein paar Tagen, von KRNT kommend, geparkt
    wurde.


    28.jpg


    Als Erstes schauen wir uns das gute Stück von außen an, dann entern wir das Cockpit, um mit Bodentesten zu beginnen, wobei wir unser erstes Augenmerk auf die Flight Controls richten werden. Hier gibt es einiges zu überprüfen, ob sie so arbeiten, wie sie sollen.


    Für die jetzt folgenden Teste wird die APU nicht benötigt, also wird eine Ground Power Unit genutzt. Spart Sprit, weniger Lärm und entlastet die Umwelt.


    29.jpg


    30.jpg



    Ground Power wird aufgeschaltet. Danach kontrolliert, dass genug Sprit in den Tragflächentanks ist. Wichtig für die Teste mit der Hydraulik, da diese über Wärmetauscher im Tank, gekühlt wird. Die B737 hat zwei Haupthydrauliksysteme (A +B) und ein Standby System. Letzteres versorgt nur das Seitenruder, LE Flaps und Slats sowie die Reverser im Notfall.


    31.jpg


    Viele Grüße der Schrauber

  • Sehr interessant! Man kennt ja diese Berichte aus dem Fernsehen, wenn Übergaben von Flugzeugen vom Hersteller an den neuen Besitzer dokumentiert werden. Aber die Idee, dies in eine Geschichte zu verpacken, die dazu noch im Flugsimulator stattfindet, ist schon sehr unterhaltsam. Danke hierfür :)

    Lieben Gruß

    Christian


    Flugsimulator: MSFS Motherboard: ASRock B560 CPU: i7-11700K GPU: Asus RTX 4080 TUF RAM: 64 GB Kingston Fury DDR4 @3200Mhz SSD: Samsung 980 1TB & Samsung 980 Pro 1TB
    Bahrometrix

    Für eine anspruchsvolle Flugsimulation

    www.bahrometrix.de

  • Da alle Flight Control Systeme redundant ausgeführt sein müssen, überprüfen wir dieses bei unseren Testen auf Funktion sowie auf sinngemäße Abläufe.


    Punkt eins auf der Liste ist das Flap – Slat System, welches zu den Sekundären Flight Controls zählt, obwohl es ja im eigentlichen Sinne eine Auftriebshilfe ist. Die TE Flaps, also die hinteren Klappen werden über Wellen und Spindeln aus und eingefahren. Im normal Fall über einen Hydraulikmotor , im Notfall mit Hilfe eines Elektromotors.


    Hydraulikmotor und Elektromotor im Wellensystem

    1a.JPG


    Wellensystem und Flapspindel linke Wing

    2a.JPG


    Die LE Slats und Flaps fahren mit Hilfe rein Hydraulisch aus. Jede Slat / Flap hat einen eigenen Aktuator. Sprich zum Not, ausfahren wird Hydraulik gebraucht.


    Zum Testen schaltet man die normalen Systeme A+B aus. Am Overhead Panel, oben links in der Sektion für die Flt. Controls, wird der rote Guard geöffnet und der darunter liegende Schalter auf „arm“ gelegt. Im selben Moment hört man sehr deutlich das Anlaufen der standby Pumpe. Eine Anzeige gibt es dafür nicht. Ganz kurz auf den Schalter rechts daneben getippt (Federbelastet Richtung off) Richtung down. Die LE Flaps und Slats fahren aus, und zwar auf full ext. , ohne das die TE Flaps mitfahren. Dieser Vorgang lässt sich nicht mehr aufhalten, dass sie ordnungsgemäß fahren kann man am hinteren Overhead Panel sehen. Gelb sie sind im Transit. Grün sie haben ihre endgültige Stellung erreicht. Das Licht unterhalb der Anzeige für die Klappenstellung, bleibt Amber (LE Flaps Transit) da eine Diskrepanz zwischen LE und TE besteht und der Pilot damit aufgefordert wird nach oben zu schauen, auf die Anzeige der LE (hinteres Overhead Panel. ) um sich zu überzeugen, das alles ok ist.


    32.jpg


    33.jpg


    Für das Ausfahren der TE Flaps muss besagter Schalter auf down gehalten werden, bis die gewünschte Klappenstellung erreicht ist. Z.B. 15 Grad oder eine andere gewünschte. Abgelesen wird die erreichte Stellung am Instrument für die Landeklappenstellung. Einfahren kann man die TE Flaps in dem der Schalter auf „up“ gelegt wird. In dieser Stellung bleibt er von allein, da er in dieser nicht Federbelastet ist. Die LE Flaps und Slat bleiben aber auf full ext. Die kann man nur über das normale System einfahren.


    34.jpg


    35.jpg


    Viele Grüße der Schrauber

    • Offizieller Beitrag

    Klasse Karl, sehr detailliert und informativ. Systemkenntnis erwerben vom Fachmann!

    Viele Grüße

    Gunter


    3.0viking01.gif


    ASUS ROG Strix B550, 32 GB DDR4-3000 Corsair Vengeance, AMD Ryzen 9 5900x, RTX 3080, 10 GB, Thrustmaster Hotas Warthog Stick, Honecomb Bravo, Crosswind Rudder Pedals

    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)

  • Großartige Reportage :clap:

    Liebe Grüße vom Daniel aus der Erfinderstadt Mannheim :winke:

    "wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen - vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir." Mark Twain

  • Als Nächstes wird das Seitenruder überprüft. Kurzer Back Ground: das Seitenruder wird im Normalfall von beiden Haupthydrauliksystemen versorgt. Die Besonderheit bei der 737 ist, das beide Systeme auf einen Zylinder gehen. Dies hat in der Vergangenheit leider zu Totalverlusten geführt. https://en.wikipedia.org/wiki/Boeing_737_rudder_issues geändert wurde darauf an dieser Anordnung nichts. Man hat aber bauliche Veränderungen an dem einen Hydraulikzylinder und dem Drucksystem vorgenommen.


    Hier ein Blick auf die beiden Aktuator der obere ist der Standby

    3a.JPG


    Am Anfang hatte ich geschrieben, dass der Flieger im Notfall nur über Seile gesteuert werden kann, bis auf eine Ausnahme und die haben wir hier. Das Seitenruder hat einen Standby Aktuator, welcher beim Ausfall der normalen Hydrauliksysteme zugeschaltet werden muss. Dies wird über einen Schalter am Overhead Panel, oben links, gemacht. Die Standby Pumpe läuft an und stellt Hydraulikdruck zur Verfügung.


    36.jpg


    Nachdem überprüfen des Seitenruders, erfolgt dies auch bei Quer- und Höhenruder. Beim Querruder arbeitet das Tab als Balance Tab, beim Höhenruder als Balance Tab, aber mit ausgefahrenen Landeklappen als Anti Balance Tab. Auch hier wird die korrekte Arbeitsweise überprüft.


    37.jpg


    38.jpg


    39.jpg


    Es bleibt noch die Höhenflosse, (Stabilizer) über welche der Flieger um die Querachse getrimmt wird. Sie ist die wichtigste Achse, was die Trimmung betrifft. Getrimmt wird über zwei elektrische Motoren. Der main trim wird von zwei Schaltern an jedem Colum gesteuert. Beide Schalter müssen gleichzeitig betätigt werden. Einer löst die Bremse, der andere betätigt eine Kupplung. Sind die Flaps aus der up Position ist die Trim Geschwindigkeit doppelt so schnell. Der zweite Motor wird vom A/P angesteuert und trimmt automatisch nach Vorgaben des Flight Control Computer. Fallen beide Motoren aus, kann per Hand, mit dem Trimweel , der Stab verstellt werden

    Spindel des Stabilizer mit Motoren

    4a.JPG


    Teste mit der Höhenflosse. Als Erstes wird der Stab in Nose down getrimmt (mithilfe des Main Trimm über die Schalter) und der Stick leicht in Richtung Nose up gezogen. Das Trimmen wird sofort automatisch gestoppt trotz betätigter Schalter. Nun trimmen in Nose up und leichtes drücken des Stickes in Nose down und auch hier stoppt sofort der Trimmvorgang. Ist der A/P eingeschaltet und hat das Trimmen übernommen, wird beim Ziehen oder drücken des Stickes, über einen bestimmten Punkt hinaus, dieser ausgeschaltet. Grund für dieses abschalten in beiden Fällen ist es ein ungewolltes Trimmen zu verhindern. Sollte das nicht helfen und es zum Stabilizer run away kommen, kann über zwei Schalter hinten am Pedastel die Stromzufuhr zu beiden Trimm Motoren unterbrochen werden. Das Betätigen dieser Schalter hätte mit aller Wahrscheinlichkeit den schweren Unfall mit der 737Max verhindert.


    40.jpg


    41.jpg


    Sowie die Steuerungssysteme wird, anhand einer Checkliste, nach und nach jedes System überprüft und getestet.

  • Nachdem soweit alle anderen Systeme getestet wurden, was in der Regel einen ganzen Tag in Anspruch nimmt, wenden wir uns den Triebwerken zu. Unter anderem ist es wichtig, dass die Leistungsdaten erreicht werden, wofür der Kunde bezahlt und die unter Umständen mal sehr wichtig sein können.


    Die 737-800 ist mit einem FADEC ( https://de.wikipedia.org/wiki/FADEC ) Triebwerk von CFMI ausgerüstet. Die genaue Bezeichnung lautet CFM56-7B, welches je nach Version ,( B18 bis B27,) bis zu 27300 lbs T/O Thrust erbringen kann. Es ist mechanisch gesehen das gleiche Triebwerk, was sich ändert, ist der Thrust rating Plug. Für die 737-800 kann man das Triebwerk mit einem Plug B24, B26 und B27 bekommen. Die meisten Operator betreiben die Triebwerke mit einem B26, was einem T/O Thrust von 26400 lbs entspricht. Es ist aber jederzeit möglich einen anderen Plug beim Hersteller zu kaufen und ein up oder down rating durchzuführen. Wichtig ist dabei der Eintrag in die Zulassungspapiere der Maschine. Grund für ein down rating können z.B. Lärmschutzbestimmungen sein, da Flieger auf vielen Plätzen unter anderem Landegebühren nach ihrer Lärmemission bezahlen müssen.


    Der Thrust Rating Plug ist mit dem Frame das Engine über ein Stahlseil vernietet. Welcher Plug installiert ist, wird in die Data Plate am Triebwerk eingraviert. Die max erlaubte EGT liegt bei 950 Grad C, die max Start EGT bei 725 Grad C. Die max erlaubte N1 5380 RPM (104 %) N2 15183 RPM (105%). Das Bypass Ratio 5,6:1. All diese Werte beziehen sich auf Amsterdamer Pegel bei 15 Grad C. Da es sich um ein sogenanntes Flate Rated Engine handelt, garantiert der Hersteller diese Leistung bis 30 Grad C.


    Im Bild die EEC mit Plug, welcher gerade abgeschraubt ist. Die EEC besteht im inneren aus zwei autarken Computern, die nach jedem anlassen wechseln. So geht man sicher, das jeder Computer abwechseln überprüft wird und zum Einsatz kommt.

    EEC thrust rating plug CFM56 5a.JPG


    Zur Überprüfung der Leistungsdaten wird ein Power assurance Run durchgeführt.


    Engine Start, bei ca. 24% N2 wird der Cut off lever nach oben gezogen. Kurz danach erfolgt das light up, zu erkennen an der ansteigenden EGT. Bei 55% sollte das Start Valve anfangen zu schließen. Das Start Vave open light wird im Auge behalten. Sollte es nicht schließen, wird der Start Schalter am Overhead Panel manuell in off gebracht, da sonst die Gefahr besteht, dass sich der Starter zerlegt, denn er dreht immerhin mit fast 40.000 RPM.


    42.jpg


    Wir lassen die Triebwerke 5 Minuten in idle laufen, damit sie ihre Betriebstemperatur bekommen. Während, dessen wird das set up für den 65% Power assurance check durchgeführt. Engine Bleed off, Gen off, Eng. Anti Ice off und Probe heat „A“ on.


    43.jpg


    Bei 6 Grad C und 1000hpa ist der Sollwert laut Tabelle N1 64% , max EGT 585 C und die max N2 87,2%. Liegt die beim Test erreichte N2 und EGT darunter, erfüllt das Triebwerk seine Werte. Liegen Sie darüber muss nachgebessert werden.


    Für das zu überprüfende Triebwerk, in diesem Fall #1, wird der Schubhebel solange nach vorne geschoben, bis 64% N1 anliegen. Zeit wird gestoppt und nach 3 Minuten die erreichten Werte, als EGT und N2 abgelesen. Wie unschwer zu erkennen ist, überschreitet hier die EGT den max Wert, während N2 gut ist. Die Leistung wird langsam zurückgenommen und das Triebwerk 5 Minuten in Idle abgekühlt.


    44.jpg


    In der Realität würde nun überprüft, warum die EGT so hoch ist. Gründe dafür können einige sein. Bei einem neuen Triebwerk, würde man erst einmal davon ausgehen, das es ein Anzeigefehler ist. Hier ist es halt ein kleiner Bug von PMDG, aber man kann nun wirklich nicht verlangen, das selbst so kleine Dinge wie die richtigen EGT Werte laut Tabellen erreicht werden. Ich wollte halt nur kurz das Testverfahren als solches aufzeigen.


    In der Realität würde nun überprüft, warum die EGT so hoch ist. Gründe dafür können einige sein. Bei einem neuen Triebwerk, würde man erst einmal davon ausgehen, das es ein Anzeigefehler ist. Hier ist es halt ein kleiner Bug von PMDG, aber man kann nun wirklich nicht verlangen, das selbst so kleine Dinge wie die richtigen EGT Werte laut Tabellen erreicht werden. Ich wollte halt nur kurz das Testverfahren als solches aufzeigen.


    45.jpg

    46.jpg


    47.jpg


    Viele Grüße der Schrauber

    • Offizieller Beitrag

    Du machst Dir ja sehr viel Arbeit, vielen Dank dafür, das ist sehr interessant!

    Viele Grüße

    Gunter


    3.0viking01.gif


    ASUS ROG Strix B550, 32 GB DDR4-3000 Corsair Vengeance, AMD Ryzen 9 5900x, RTX 3080, 10 GB, Thrustmaster Hotas Warthog Stick, Honecomb Bravo, Crosswind Rudder Pedals

    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)

  • Kann mich da nur Gunter's Worte anschließen, alles recht infomativ und höchst interessant. Bei einem deiner Bilder war mir etwas aufgefallen. Es geht um um die Schmutzanhaftungen an der Innenverkleidung:


    4191-1a-jpg

    Der Schmutz unten muss weg! :)


    Als Mechaniker, der ich nicht bin, wäre ich immer versucht die Fett/Ölflecken wegzuschrubben. Hat das einen Grund warum die keiner weg macht, das Zeug ist doch bestimmt säurehaltig und frißt sich durch das Material. Oder ist das sogar beabsichtigt, dass da die Anhaftungen bleiben um etwas zu "dokumentieren". Zum Beispiel das dort ein Problem mit einem Hydraulikleck bestand. An anderen Stellen sieht das alles recht ordentlich und sauber aus, wie hier zum Beispiel:


    4276-eec-thrust-rating-plug-cfm56-5a-jpg

    Lieben Gruß

    Christian


    Flugsimulator: MSFS Motherboard: ASRock B560 CPU: i7-11700K GPU: Asus RTX 4080 TUF RAM: 64 GB Kingston Fury DDR4 @3200Mhz SSD: Samsung 980 1TB & Samsung 980 Pro 1TB
    Bahrometrix

    Für eine anspruchsvolle Flugsimulation

    www.bahrometrix.de

  • Als Mechaniker, der ich nicht bin, wäre ich immer versucht die Fett/Ölflecken wegzuschrubben. Hat das einen Grund warum die keiner weg macht, das Zeug ist doch bestimmt säurehaltig und frißt sich durch das Material.

    Es ist Fett, welches aus der Wellenverbindung stammt. Ist nicht schädlich. Viele Bilder sind an Fliegern aufgenommen, welche im täglichen Flugbetrieb waren. Da sieht so ein Flieger kaum einen Mechaniker, da er Geld kostet. Ist leider so seit bei fast allen, Airlines die Technik ausgegliedert ist und eine eigene Kostenstelle bildet.


    Viele Grüße der Schrauber

  • Alle System Teste sind durchgeführt und ein neuer Tag ist angebrochen. Heute soll der erste Abnahmeflug erfolgen. Wie schon erwähnt, handelt es sich bei der B737NG um einen Flieger, der noch manuell ohne Hydraulik über Seile geflogen werden kann. Dazu steuert man am Elevator (Höhenruder) und den Ailerons (Querruder) Tabs an, welche als Balance Tabs wirken. Mithilfe der Tabs und der umströmenden Luft, wird das Aileron, bzw. der Elevator ausgelenkt und somit der Flieger um die Längsachse, bzw. Querachse gesteuert. Für die Hochachse wird das Rudder mit standby Hydraulik versorgt.


    Es ist ein „power off test flight“. Das wichtigste ist dabei das Verhalten der Maschine um die Querachse beim Wegschalten jeglicher hydraulischen Unterstützung. Dazu werden die Umdrehungen des Trimmrades gezählt, welche man benötigt, um den Flieger im horizontalen Flug zu halten, ohne das über den Stick gegengesteuert werden muss. Der Idealfall wäre das überhaupt nicht getrimmt werden muss.


    Für diesen Test ist gefordert GW < 61,235 Kg. Dementsprechend betanken wir den Flieger. Bei einem leeren Flugzeug ist es kein Problem die Forderung zu erfüllen. Die Daten werden in einer Höhe von 15.000 feet erflogen bei 250 KIAS.


    48.jpg


    Wir lassen uns von ATC einen Luftraum zuweisen, in dem wir relativ frei uns bewegen können. Es ist kontraproduktiv ständig das Programm zu unterbrechen, weil man stört, oder auf Freigaben recht lange warten muss.


    Kurz die Take off Daten: FOB: 7800 kg , GW: 49,3 Tonnen, ZFW 41,4 Tonnen. Daraus ergibt sich eine MAC von 25,1 % macht 3,8 unit Trimm. Bei 55 Grad ergibt das eine Vr von 119 KIAS mit 5 Grad Klappen.


    49.jpg


    Kurz zur Erklärung von 55 Grad C. Diese ergibt sich aus einer Tabelle für die 14R. Warum macht man das? Um Treibstoff zu sparen, den Lärm zu reduzieren und das Triebwerk zu schonen. Man gaukelt der EEC eine hohe Außentemperatur vor, welches zur Folge hat, das die N1 reduziert wird. In die Berechnung fließen unter anderem ein, die Wind Speed, die Rwy Länge, ob trocken oder nass, QNH usw.


    Das set up der einzelnen Systeme ist erfolgt, die Triebwerke werden angelassen. Heute ist ein gerader Tag, da nutzen wir das „A“ System, mit seiner Zündkerze.


    50.jpg


    Alles werkelt zu unserer Zufriedenheit vor sich hin, also auf zur 14R in KBFI.


    51.jpg


    Line up und set up am Overhead Panel. Unter anderem Cont Relight für die Zündung.


    52.jpg


    Der Takeoff roll beginnt. Kurz vor Erreichen von 100 KIAS wird ein Startabbruch eingeleitet, um zu überprüfen, ob die dazu gehörigen Systeme ordnungsgemäß arbeiten.


    53.jpg



    Dazu erfolgt das Ziehen der Revers Lever. A/T springt raus, die Bremsen verzögern automatisch mit der maximalen Leistung und alle Spoiler fahren aus. Da wir die Bremsen nicht zu sehr strapazieren wollen und ja gesehen haben, dass es funktioniert, wird über treten auf die Bremspedale die Automatik abgeschaltet und die Schubhebel kurz nach vorne, die Spoiler fahren wieder ein.


    54.jpg


    55.jpg


    Viele Grüße der Schrauber

    • Offizieller Beitrag

    Danke, wie immer sehr informativ!

    Viele Grüße

    Gunter


    3.0viking01.gif


    ASUS ROG Strix B550, 32 GB DDR4-3000 Corsair Vengeance, AMD Ryzen 9 5900x, RTX 3080, 10 GB, Thrustmaster Hotas Warthog Stick, Honecomb Bravo, Crosswind Rudder Pedals

    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)