Bomberangriff auf das Stauwehr Kembs am 7. Oktober 1944

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    7. Oktober 1944

    Ich fahre mit dem Fahrrad (oder laufe) in Weil am Rhein über die bis dahin noch bestehende Schiffs-(Ponton)-Brücke über den Rhein nach ins damals noch besetzte Hüningen. In einem Friseursalon lasse ich mir die Haare schneiden. Facon-Schnitt. Wie üblich.


    Zur selben Zeit starten in Besancon mehrere P-51 Mustangs und Avro Lancaster-Bomber.


    Plötzlich ungeheure Detonationen. Scheibensplitter fliegen mir beim Friseur um die Ohren. Ich bezahle schnell und eile zur Brücke. Sie wurde bereits von deutschen Pioniereinheiten gesperrt. Der bisher vom Stauwehr Märkt hochgestaute Rhein war in wenigen Minuten um Meter gesunken und in einen reißenden Strom verwandelt. Die Brückeneinfahrt war plötzlich tief nach unten geknickt. Nur mit verzweifelten Bitten erlaubten mir schließlich die Soldaten, wieder nach Weil rüber zu dürfen.


    Was war geschehen? Die Mustangs schalteten die Flak-Batterien am Stauwehr aus, die von Schulkameraden von mir (1-2 Jahrgänge älter als ich), heldenhaft bedient wurden.

    Die Lancaster, die bereits die Tirpitz in Norwegen, die Eder-Talsperre usw. mit "Tallboys" bombardiert und versenkt haben,

    griffen nun das Stauwehr an. Warfen einige der "Spezial-Tallboys" ab, die entweder sofort oder mit Zeitzündern explodierten.


    Die Pioniere haben dann die Brücke neu "Justiert", dem Tiefwasser angepasst.. Einige Wochen später riss plötzliches eintretendes Hochwasser die Brücke fort, die dann an den Pfeilern einer ehemaligen Eisenbahnbrücke zerschellten.


    Von dieser Brücke habe ich später noch einiges zu berichten.

  • Soll ich weiter?

    Liebe Grüße vom Daniel aus der Erfinderstadt Mannheim :winke:

    "wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen - vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir." Mark Twain

  • Tatsache ! Nichts erfunden. Genau so erlebt. Genau so ich wie kürzlich meinen Bericht über "La Bresse" hier schilderte. Bin halt kein Flugzeugschrauber, Es besteht kein Interesse. Denn es gab keine Zugriffe. Deshalb diesen wieder gelöscht. Manchmal zögere ich, überhaupt noch was aus meinem Leben zu berichten.

    Den Zeitungsbericht im Anhang fand ich, als ich nachforschte, was die "Badische Zeitung" über meinen Bruder schrieb, wie er die letzten Kriegstage schildern sollte. Also flog ich den Einsatz der britischen Dambusters nach und ergänzte den Bericht mit meinem Erlebnis.

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  • Manchmal zögere ich, überhaupt noch was aus meinem Leben zu berichten. Bin halt kein Flugzeugschrauber.

    Selbst der Schrauber äußerte in seinen Kernthemen schon Zweifel auf Basis der beobachteten "Zugriffe". Nachvollziehbar ist das für mich nicht, liegt doch die wesentliche Freude am eigenen Wirken im Schaffensprozess. Zugriffszahlen sind nachgelagerte Sahnehäubchen.


    Wenn ältere Menschen eigene Erlebnisse in ansprechende Geschichten packen, finde ich das immer gut und lese/höre sie gerne. Vorausgesetzt, sie wurden nicht in instrumentalisierter Form auf eine parteipolitische Bühne mit der Absicht gezerrt, den Schuldkomplex auch in die Nachfolgegeneration zu injizieren und darüber zu definieren, wie diese zu denken habe. Das steht bei dir nicht zu befürchten, also hau in die Tasten :)

    Grüße :thumb:

    Matze


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  • Hallo Matze,

    in früheren Beiträgen habe ich schon beschrieben, was mir schon in der Nazi-Zeit alles kurioses und unbegreifliches passiert ist. Damals noch von der Propaganda mit Gehirnwäsche als tolle Zeit begeistert mitgemacht, gingen mir später die Augen auf, als ich nach dem Krieg die Leichen der Konzentrationslager in Zeitungen sah.

    In dem "Weiler Tageblatt" las ich jetzt einen Bericht, wie ein gewisser Alfred Schöne und ein Bäcker namens Theodor Volz, die den geflüchteten Nazi-Bürgermeister im Wald aufgespürt und der Franzosen-Besatzung übergeben haben.


    Theodor Volz ging mit mir zur Schule in Weil und erbte die Bäckerei 150 Meter von meinem damaligen Wohnsitz Turmstraße 40..

    Alfred Schöne hatte ein Textilgeschäft in Weil. 1943/44, beim Schützengraben bauen an der Schweizer Grenze, mussten auch Mädchen mit graben. Darunter meine Schwester und meine Nachbar-Jugendfreundin.

    Männer und Mädchen gruben getrennt., Als ich zum Spaß bei meiner Schwester und Freundin mit grub, erschien plötzlich Alfred Schöne mit einem Leutnant in einem Militärkübelwagen.

    Er hätte mich vom Tüllinger Hügel aus mit dem Fernglas beobachtet, wie ich bei den Mädchen grub. Zur Strafe musste ich 100 Meter weiter allein in einem abgesteckten Abschnitt allein graben. Nach wenigen Schaufelaushüben stieß ich auf verweste Tierleichen. Es war der Schindanger.


    Übrigens: Der Bericht vom Flugzeugschrauber ist eine Wiederholung, die ich früher mit eigenen Bildbeiträgen vom Kap mit begleitet habe.

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  • Solche Erzählungen finde ich sehr interessant. Bald wird es die Generation nicht mehr geben, die davon erzählen kann.

    Mein Vater hatte Glück, dass er 1933 geboren worden ist und am Krieg vorbeigekommen ist. Meine Mutter ist 1940 geboren. Hatte als kleines Kind mal brennende Leute gesehen, nach einem Luftangriffe. Konnte das zum Glück vom Alter her nicht richtig einordnen. Wirklich ein großes Glück, dass es hier jetzt so lange Zeit keinen Krieg mehr gegeben hat.

    viele Grüße, Lothar

  • Beim Angriff der Lancaster-Spezial-Einheit wurde ein Flugzeug getroffen und abgeschossen.

    Es stürzte in der Nähe ab. Ich sah später die Teile auf einem Güterwagen verladen. Aus einer Gummi-Matte (Dämpfmaterial des Flugzeuges?) schnitt ich mir ein Stück ab für Sandalen-Eigenbau


    Ein zweiter Lancaster wurde getroffen und wasserte etwas unterhalb im Rhein.

    Die überlebende Besatzung wurden laut Zeitungsbericht als "Kriegsverbrecher" umgebracht und nicht mehr gefunden. Das wurde natürlich in deutschen Zeitungen damals verschwiegen.


    Beim Rheinhafen Weil sieht man die Brückenpfeiler, an denen die Pontonbrücke zerschellte.


    Über diese Brücke habe ich weitere Erlebnisse zu berichten.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für Deine Berichte Daniel. Zugriffszahlen sind aber in der Tat kein Beleg für Interesse. Nur immer weiter so. Auch Karl's Berichte werden immer mit Spannung erwartet!

    Viele Grüße

    Gunter


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    Es gib Menschen, die sich immer angegriffen wähnen, wenn jemand eine Meinung ausspricht.

    (Christian Morgenstern)

  • Danke. Gunter.


    Was war also mit den Brückenpfeilern?

    Ganz früher gab es eine Eisenbahnbrücke über den Rhein in Weil am Rhein. Die wurde später abmontiert.

    Die Brückenpfeiler blieben stehen.

    Schon früher gab es am Weiler Rheinhafen ein Bootshaus der Marine HJ. Mit Boot. Beides wurde am Kriegsanfang1939 von den Franzosen zerschossen.

    Schon 1943 wechselte ich vom Jungvolk zur Marine-Hj. Erst wollte ich zur Luftfahrt. Aber meine Freundin schwärmte von den Matrosenuniformen …

    Gut. Wir bauten ein neues Bootshaus. Darin lernten wir Knoten, morsen, blinken, und natürlich auch

    https://de.wikipedia.org/wiki/Winkeralphabet

    Der Scharführer hatte bei seinem Vater daheim eine Klempnerwerkstatt. Zu dritt bauten wir aus Metall ein wunderschönes Metall-Ruderboot für 6 Ruderer.

    Wir machten auf dem Rhein tolle Paraden. Wir verteilten uns Signalgeber auf den 4 Brückenpfeilern und gaben uns gegenseitig Signale. Ich beherrschte Geben und Lesen langer Signale sehr gut...

    Das endete natürlich mit dem Krieg. Weil wurde wieder pausenlos von Panzern und .Artillerie beschossen.

    Ich versuchte von einem oberen Fenster die Einschläge zu sehen. So lange es heulte, keine Gefahr. Aber dicht neben und hinter uns die Einschläge in die Häuser heulten nicht. Die krachten ohrenbetäubend, sodass ich de Beobachtungsposten aufgab.

    Weil wurde darauf geräumt. Die übrig gebliebene Jugend sollte nun als Panzerknacker eingesetzt werden.

    Das gab mir den Rest und ich "desertierte" auf abenteuerlichen Wegen in die Schweiz, wo ich mit abgeschossenen US-Piloten und geflohenen russischen Kriegsgefangenen zunächst interniert und in Quarantäne gehalten wurde. Bis ich in einem Basler Vorort in einer privaten Buchdruckerei bis Kriegsende mitarbeiten durfte.

    Die Brückenpfeiler dienen heute der neu gebauten Palmrain-Brücke .

    Aber das gäbe wieder ein neues Kapitel...

    • Offizieller Beitrag

    Das Geben und Lesen von Signalen fiel mir immer schwer. Aber es ging besser als das Hören der Signale über Funk.

    Viele Grüße

    Gunter


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    (Christian Morgenstern)

  • Bei der Seefahrt hatten wir keinen Hör- und Sprechfunk. Da kam mir das erlernte Blinken zugute.

    Verbindung täglich mit Norddeich war nur nachts möglich. Aus dem Rauschen und 100 Signalen musste das eigene gefiltert werden. Das übernahm der II.O, weil der mit mir die Nachtschicht-wache hatte. Ich immer 2x 4-8

    Gibraltar und Malta und Cypern musste Britisch Army vermitteln, da Funklöcher...

    Über den Atlantik wurde immer ein zusätzlicher Funker angeheuert, wegen der Zeitverschiebungen...

    Liebe Grüße vom Daniel aus der Erfinderstadt Mannheim :winke:

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  • 1935 wurden wir von Basel nach Weil versetzt. Über die Vorkommnisse über den Nazi über uns habe ich berichtet.

    ca 1939 konnten wir in eine andere Wohnung am Ortsende umziehen.

    Gegenüber im freien Feld stand damals ein einsames Haus.

    Hier zog ein Kürschner ein mit seiner hübschen Frau.

    Der Krieg war schuld.

    Nie hätte ich gedacht, hier jemals Felle von Kaninchen, Katzen, Füchsen Mardern usw. abziehen und gerben zu müssen. Später ganze Kisten voll grob gegerbte Pelzjacken für die Stalingradkämpfer zu nähen...

    Brummten Bomberverbände über das Haus, ging der Chef vorsichtig unter den riesigen belaubten Kirschbaum, guckte zum Himmel. Als ich auch gucken wollte, was sich da in 10 000 Metren Höhe abspielet, hielt er mich zurück. Sonst könnten die uns sehen und angreifen...

    Einer der Gründe, warum ich froh war, als mein Jahrgang nach Bresse in Frankreich zum Panzer-Graben-Bauen kommandiert wurde. Wo wir nach Fliegerangriffen das Weite suchen mussten...

  • Nochmal auf den Nachbar im Feld zurück.

    Als der einzog, ließ er links neben seinem Haus ein Dachgerüst bauen. Darunter wurden die angekauften Felle auf Spannern zum Trocknen aufgehängt. Da er wie ich ein mäßig begabter Hobbymaler war, kamen wir bald zusammen zu Gesprächen und Bildkritiken.

    Da ich mir ein Taschengeld verdienen wollte, half ich beim Fell- und Tierleichen-Ankauf und wurde bald sachverständiger Mitankäufer.

    Als ich 1944 aus der Schule kam, erhielt ich eine Lehrstelle als Fotograf bei einer Witwe Fotohaus Trefzger in Lörrach. (siehe obige Porträtaufnahmen). Ich wollte später Kameramann werden, wie man heute viele im Fernsehen erleben kann.

    Am Samstag vor meinem Dienstantritt enttäuschte mich die Frau, dass sie doch lieber ein Mädchen ausbilden wolle. Peng. Aus mein Traum....:banghead:

    Dieses Pech nutzte der Kürschner, ich soll bei ihm eine Lehre anfangen. Was blieb mir übrig. Deutschland zerbombt, sonst keine Foto-Lehrstelle zu kriegen.

    Zuerst versprach er mir, in der Woche 7 Mark. Nach 14 Tagen fand er im Keller angeblich den richtigen Tarif .3 Mark die Woche. Den bekam ich dann auch....

    Bald war der Zweck seiner Lehrstelle, nicht das Kürschnerhandwerk zu lehren. Von da an musste ich eklige Arbeiten ausführen. Felle gerben, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Die angekauften Rohfelle musste ich schnüren, zum Güterbahnhof karren, nach Leipzig schicken. Die Bahnleute schlugen immer die Hände über dem Kopf zusammen. "jetzt kommt der schon wieder..." :huch:

    Als sich dann die idiotischen Vorfälle wie oben beschrieben sich häuften, dachte ich nur noch ans abhauen...Mein Respekt war im Keller. (Die 300 angesammelten Mark tauschte ich vor der Währungsreform in Basel um. Ich bekam dafür 7 Franken...!).

    Das Einzige, was mir Freude machte, war die schöne Ehefrau. Die nahm mich mit zur Stadtbibliothek, suchte für mich Bücher aus wie Graf Luckner, vom Segelschiffsjungen zum Lloydkapitän, Tecumseh, der Berglöwe, usw. Sie erweckten in mir eine Abenteuerlust und Fernweh, in einer Zeit, als es noch keinen Tourismus gab...

    Nun wollte ich auch Kapitän werden...

    Aber wie gesagt, Schanzarbeiten in Frankreich und Weil änderten mein Leben.

    Als dann noch die Allierten Weil beschossen, alles evakuiert wurde und die Läden geschlossen, als man uns Schulbuben zum Panzerfäuste-abschießen ausbilden wollte, da haute ich wirklich ab.


    Was mit der Flucht für ein Abenteuer wurde, erzähle ich im nächsten Bericht. Falls das jemand interessiert...

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    • Offizieller Beitrag

    Natürlich interessiert uns das!!!

    Viele Grüße

    Gunter


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    (Christian Morgenstern)

  • Meine Flucht war also wohin? Wie?

    Am 27. November 1944 fuhr ich mit dem Zug nach Freiburg. Warum, weiß ich heute nicht mehr. Wollte ich nach München, eine Fotolehre nachholen?

    Ungewollt stieß ich auf einen Zug nach Konstanz, der in der Nacht ausgebombte Freiburger aufs Land bringen wollte. 292 Lancaster vom "Bomber Harris" hatten in der Nacht Freiburg dem Erdboden gleich gemacht. Ich geriet unter die Ausgebompten.

    Ich Konstanz gab das Rote Kreuz heißen Tee aus und verteilte die "Flüchtlinge" in Bauerndörfer.

    Ich wurde einer Bauersfrau in Bietingen, gegenüber Schaffhausen, zugeteilt.

    Die hatte eklige Angewohnheiten. Salatöl wurde aufbewahrt. Ein Dutzend darin ertrunkener Stubenfliegen wurden erneut für Salat verwendet. Dann wurde ein Schwein geschlachtet. Es wurde mit heißem Wasser übergossen, ich musste die Borsten wegschrubben. Sie rührte mit bloßer Hand das Blut in der Schüssel, das aus dem Hals quoll. Während die verschnupfte Nase in das Blut tropfte... :punk:

    Da wir im nahen Wald bei der Schweizer Grenze Tannenzapfen suchten und in Säcke packten, merkte ich mir die Stelle. Tage später, es war Niklaustag, legte ich 20 Mark in meinen Schrank mit einem Dankschreiben, nahm einen Kartoffelsack und suchte an der Grenze Tannenzapfen, um...


    Plötzlich kamen der Bürgermeister und Gehilfen, nahmen mich fest, brachten mich ins Dorf zurück. Ich sei wohl Deserteur und wolle in die Schweiz. Die Frau hatte meinen Brief gefunden und den Bürgermeister alarmiert. Es bedurfte 1000 Ausreden und Gründe, dass es nicht schlimmer wurde. Ich hätte halt zu Bahnhof gewollt, nach München fahren, usw.usw.


    Tage später mein nächster Versuch. Es lag 30 cm Schnee, Schon dunkel, als ich mich der Grenze im Wald näherte. Ich wartete ab, bis die letzte deutsche Grenzpatrouille vorüber war. Vor mir lag etwa 70 Meter weißbedeckte Wiese, dann die Schweizer Straße, dahinter der Wald. Ich rannte, so schnell ich konnte, über die offene Fläche, über die Straße, 1 Km durch den Wald. Erschöpft ließ ich mich unter einer Tanne, unter der kein Schnee lag. auf den Boden und verfiel in einen Tiefschlaf.


    Plötzlich Hundegebell rund um meinen Lagerplatz. Jetzt haben sie dich doch erwischt, denke ich. Ich werge Tannenzapfen, um die Biester zu vertreiben. Es gelang. Es waren keine Hunde, sondern ein Rudel Füchse...


    Wie ich tagelang durch die Wälder marschierte, um nach Basel zu gelangen? Ich ernährte mich von gefrorenen Äpfeln auf den Bäumen. Endlich in Basel meldete ich mich bei einem Methodisten-Prediger, den ich von früher kannte. Dort sah ich auch erstmals die Leichen der Konzentrationslager in den Schweizer Zeitungen...

    Das ist doch nicht möglich !!! Unfassbar. So was tun doch Deutsche nicht. Ich wollte es nicht glauben. Was nun? Der Prediger fragte einen benachbarten Polizisten. Bei der Polizei melden. Unbedingt.

    Wir fuhren ins Baser Gefängnis. Den "Lohnhof"

    "Aha" sagte der Beamte. "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff".

    Ich wurde zunächst in 3 Tage Einzelhaft in eine Zelle gesperrt, dann in ein Quarantänelager übergestellt. Dort waren wie gesagt von Schweizer Me 109-Jägern abgeschossene Ami-Bomberpiloten und Crews mit interniert, und in die Schweiz entkommenen Kriegsgefangene Russen usw.

    Nach 3 Wochen vermittelte mich der Methodisten-Prediger an eine Burchdruckerfamilie in einem Basler Vorort, wo ichim Dachzimmer wohnen und in der Buchdruckerei an der Setzmaschine mitarbeiten durfte.

    Kriegsende Juni kam das Rote Kreuz. Der Krieg sei zu Ende, ich müsse zurück. Erst jetzt erfuhren meine Eltern, die mich als Vermisst gemeldet hatten...


    Soll ich weiter berichten?

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    Ja, bitte!

    Viele Grüße

    Gunter


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  • Kleine Zwischenbemerkung.

    1.) Daheim schon hatte ich in guten Lernbüchern etwas Englisch gelernt.

    Damit konnte ich im Quarantänelager so was wie Dolmetscher zwischen den Bomber-Crews und den Schwyzern spielen.

    In Basel habe ich dann bei der "Migro"Genossenschaft Kurse bei einer Engländerin belegt.

    "My teatcher was an english Lady". Brachte mir aber nicht viel mehr, selbst ein Kurs für Fortgeschrittene. Außer einigen wenigen Silben-Aussprachebetonungen, wie z. B. bei "Ambassedor" korrigierte sie mich.


    2.) Wie gesagt, arbeitete ich in der Druckerei an einer Setzmaschine.

    Als ich vor einiger Zeit in einem Leserbrief an den "Mannheimer Morgen schrieb:

    "Hallo junger Mann, hier kommen sie nicht rein" die mir eine am Receptionspult sitzende Angestellte des Mannheimer Morgen zurief. Grund: hinter einer Glaswand stand eine bis vor wenigen Jahren benutzte Setzmaschine des MM als Museumstück, die ich mir durch den Eingang durch die Glastür näher besehen wollte. (Ich nutze die Passage eines Angestellten und kam doch an mein Ziel).

    Ich schrieb, ich hätte als 14 Jähriger auch schon an so einem Ding gearbeitet, nur eine Nummer kleiner.

    Darauf schickte mir der Chef der Zeitungsdruckerei die mir so gut bekannte Matritze…


    Noch was: Als ich vor etlichen Jahren bei einer Durchfahrt durch die Schweiz die Druckerei aufsuchen wollte, um mich, falls sie noch lebten, herzlich für Ihre grandiose Gastfreundschaft zu bedanken, war sie spurlos vom Erdboden verschwunden. Selbst ein befragter Briefträger konnte mir keine Antwort geben. Es gab kein Versehen. Ich kannte die Tram-Haltestelle "Bottminger Mühle" genau. Direkt daneben stand die Druckerei. Jetzt leere Fläche...

  • Hallo TiAr,

    gottgleicher Schöpfer des Speyrer Museums, freut mich, Dich wieder zu "sehen"

    War eine irre Zeit. Manchmal muss ich aufpassen, die richtige Reihenfolge des Arbeit-Lebens einzuhalten.

    War ziemlich turbulent.

    Bei den Daumen hoch entdeckte ich, dass auch "Pidder" mitliest.

    Amüsant: Ich gab bei "Jameda" mal trotz branchenfremd eine 1.er Bewertung für ihn ab. Er war belustigt, als ich mich als Täter zu erkennen gab." Hehe, also Du warst das...".

    Seither kriege ich als Abonnent seines Wirkens laufend erstklassige Bewertungen seiner Werkstatt mit E-Mails zugeschickt :thumbsup:

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